Himmel hilf!

(Achtung dieser Artikel enthält „Produktplatzierungen“ und Sarkasmus)

Es ist mal wieder an der Zeit schreiend im Kreis zu rennen! Oder hier an meinem Schreibtisch mit der Stirn im Sekundentakt auf die Tischplatte zu klopfen. Ihr wisst schon *Kopf-Tisch-Kopf-Tisch-Kopf-Tisch*. Worüber ich mich schon wieder so aufregen kann? – Über Mütter, die ihren Hausverstand anscheinend tatsächlich beim Billa suchen – und ihn bitte HOFFENTLICH auch dort finden und auch kaufen mögen!
Da wird gestern oder Tags davor ein Screenshot von einem auf Amazon käuflich erwerbbaren Kleinkind-Schnuller (auf Kärntnerisch Zuzi) in einer Elterngruppe auf Facebook gepostet, welcher an Stelle des Gumminucklers ein Stoffnetz hat. Ein STOFFNETZ!!! Die Frage war, ob man das außer über Amazon noch irgendwo in einem Laden kaufen kann. Ist ja schon mal sehr löblich, dass man lieber im Geschäft in der eigenen Stadt einkauft, anstatt online zu bestellen. Ich lese mit. Nicht, weil ich auch sowas haben will, sondern weil ich eigentlich wissen will, WAS DAS IST?
Gott sei Dank wurde mir das Posten dieser Frage in den Kommentaren schon von anderen Müttern abgenommen. Ich war erleichtert. Hurra! Ich bin nicht die einzige, die das neueste innovativste Gadget für Kinder NICHT kennt. Gut, meine brauchen schon seit Jahren keine Schnuller mehr. Egal, ich will es wissen.
Dann kam die Erklärung: in dieses Stoffnetz kann man kleine Obststücke einfüllen und die Kinder können diese dann auszuzeln. JA genau! Jetzt ist’s aber soweit! Mir hat es ja fast den Vogel raus gehauen! Ich lese weiter – die Erfahrungsberichte der Mütter. Jessas! Es gibt tatsächlich welche, die das gekauft haben!? Mir wird schwindlig vom Kopf schütteln. Quintessenz: die meisten Kinder waren davon nicht so begeistert. Komisch! Apfelstücke, Bananenscheiben und sonstiges schmecken mir durchs Gschirrhangerl gelutscht ja auch viel besser! Dann der Alternativvorschlag einer anderen Mutter: diese Schnuller gäbe es auch mit durchlöcherten Silikonnucklern, Bild anbei im Kommentarfeld. Ich meine, bitte sagt es mir, bin ich tatsächlich sooo altmodisch, dass ich meinen Kindern einfach einen Apfel in Spalten und eine Banane in Scheiben geschnitten habe, als sie anfingen Obst zu essen??? Klar gab das manchmal eine schöne Sauerei, aber sie lernten dabei, wie man eine Apfelspalte hält, wie man mit einem Löffelchen oder einer kleinen stumpferen Gabel eine Banane aufspießt und sich das Zeug in den Mund steckt. Oder ich habe den Apfel püriert, die Banane zermantscht und sie gefüttert.
Muss man denn heutzutage jeden Blödsinn, der erfunden wird, kaufen und seinen Kindern vorsetzen, nur weil es neu und innovativ ist?
Da gibt es Apps fürs Handy, damit die Kinder Zähne putzen! Das Handy wird in eine Vorrichtung, die man natürlich auch kaufen muss, über dem Waschbecken platziert, dazu braucht es natürlich auch die kompatible Bluetooth (wie passend) fähige Zahnbürste. Die App bietet dann verschiedene „Putzspiele“ an. Aja.
Eine amerikanische Mutter, oder war sie aus Kanada, weiß ich nicht mehr, macht aber für die Amis bzw. die Kanadier einen großen Unterschied (verstehe ich auch), hat eine Gute-Nacht-Geschichten App entwickelt, bei der mittels einem Aufsatz, der über die Handy-Kamera gesteckt wird, die passenden Bilder zur Geschichte an die Zimmerdecke projiziert werden. Was bitte ist aus den schönen dicken Büchern, die so liebevoll illustriert wurden, geworden?
In einer Doku im Fernsehen haben sie letztens mal gezeigt, dass viele Kleinkinder heutzutage nicht mal mehr ein Buch oder eine Zeitschrift umblättern können, weil sie mit ihren kleinen Händchen über die Seiten gewischt haben, wie sie es von Smartphones oder Tablets kennen. Ich war schockiert.
Was bitte tun wir unseren Kindern da an? Anstatt mit Bauklötzen einen Turm zu bauen, der dann richtig schön und unter lautem Krawall wieder zusammenfällt, lassen wir sie Tetris (auch schon veraltert, ich weiß!) zu nerviger Musik spielen?
Auf der Playstation spielen die Kleinsten schon dieses Farmer und Bauernhofspiel (mir ist der Name entfallen und ich will es jetzt partout nicht googlen *zwinker*), anstatt man sie in die Sandkiste setzt oder mit dem Tret-Traktor (gibt es sowas überhaupt noch?) oder dem Bobby-Car mit Anhänger im Garten selbst im Kreis fahren lässt. Steine oder Sand einsammeln und wieder ausladen. Sandburgen bauen. Schaukeln. Auf Knien durchs Gras rutschen und Käfer suchen. Gänseblümchen pflücken. Sauerklee essen. (iiieh! Hehe) Zum Reiterhof oder Bauern fahren, den Stall besuchen. Ach ja, Kühe sind nicht lila!
Und ja, mir ist durchaus bewusst, dass Dinosaurier ausgestorben sind, die CD die Schallplatte abgelöst hat, die DVD und Blue Ray die Videokassetten, dass mein Smartphone fotografieren und E-Mails versenden kann.
Aber meine Kinder können noch Häuser und Autos von Hand zeichnen. Sie haben eine schöne Handschrift, können mit einem Schraubenzieher umgehen und mit einem Besen.

Himmel Herrgott (oder wer auch immer) bittschen schau oba! Danke.

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